Besuch bei Tante in Ibiza: Nachtspaziergang durch Ibiza-Stadt

von Neuhausen nach Ibiza

In den 70er Jahren ist meine Tante Elisabeth, genannt Elli oder El, von einem kleinen Nest in der Nähe von Stuttgart, auf die Ferieninsel Ibiza ausgewandert. Ihr damaliger Lebensgefährte Peter hat seine Kneipe verkauft. Von den Geld haben sich die beiden ein Segelboot angeschafft und sind in Richtung der spanischen Insel davon gesegelt. Der kleine Sohn von meiner Tante war auch noch mit dabei.

Vor einigen Jahren habe ich Elli – so wird sie von der Familie genannt – zum ersten Mal auf Ibiza besucht. Gemeinsam mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten sind wir abends durch Ibiza-Stadt spaziert. Dort gibt es auf einem Hügel eine alte Festung. Von oben kann man auf einen kleinen Hafen sehen. Dort sind meine Tante und ihr Freund damals angekommen. In Ibiza wollten sie sich eine neue Existenz aufbauen.

Am Anfang war das schwierig. Die EU-Freizügigkeitsregeln gab es noch nicht. Es war also wesentlich komplizierter eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Dies ist auch meiner Tante und ihrem Partner zum Verhängnis geworden. Den Reiterhof, den sie sie nach einer langen Durststrecke mit viel Mühe aufgebaut hatten, mussten sie wieder schließen, weil ihnen die Erlaubnis fehlte.

Ibiza, Busfahrer auf dem Sprung

Meine Tante El hat dann im Winter als Bäckereiverkäuferin in der Nähe ihres Heimatdörfchens und auf Skihütten in Österreich gearbeitet. Im Sommer hat sie auf den Touristenmärkten von Ibiza selbst designte und mit Hilfe einer Näherin selbst hergestellte Kleidung verkauft. Schon in Deutschland, nach ihrem Realschulabschluss, hatte sie eine Ausbildung zur Schneiderin machen wollen. Ihr Traum war es, danach an einer Modedesignschule weiter zu lernen. Doch damals – im Deutschland der 70er Jahre – konnten es sich die Betriebe nicht vorstellen eine sehr junge, alleinerziehende Mutter einzustellen. Ihren Traum von der Arbeit im Modedesign hat sie dann auf Ibiza verwirklicht. Hier hatte und hat sie Erfolg mit ihren Designarbeiten.

Sie und ihr Partner wurden Teil eines, wie sie selbst sagt: Buntgemischten Völkchens von Hippies, Designern, Kunsthandwerkern und Händlern mit Waren aus aller Welt. Man kennt sich, hilft sich, konkurriert jedoch auch miteinander. Um mit der Konkurrenz Schritt halten zu können, hat El schon mehrfach ihr Sortiment erweitert. Anfangs kreierte sie Kleidung für die weibliche Kundschaft. Da kaum jemand Kleidung für Männer anbot, fügte sie dem nach einer Weile weit geschnittene Männerhemden hinzu. Der Verkauf davon lief so gut, dass immer mehr Händler begannen Kleidung für den Mann herzustellen. Meine Tante begann zusätzlich noch Kinderkleidung zu kreieren. Inzwischen hat sie ihr Repertoire um Friedenssymbole, die zum Beispiel aus alten Armeejacken angefertigt werden, erweitert. Auch das kommt gut an.

Sie näht auch nicht mehr selbst mit den Schneiderinnen aus Ibiza. Wie auch andere Marktstandinhaber aus dem bunten Völkchen, reist sie im Winter durch Asien und gibt dort ihre Näharbeiten in Auftrag, wobei ihr menschenwürdige Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung wichtig sind. Diese Reisen verknüpft sie mit Urlauben in asiatischen Ländern. Mit Hilfe eines befreundeten Sherpas war sie schon auf dem Everest Base Camp Trek unterwegs. Dabei haben sie es bis zum Mount Everest Basislager geschafft. Manchmal – gar nicht so selten – trifft sie auf diesen Trips durch Asien zufällig auf andere Marktstandinhaber aus Ibiza. Das bunte Völkchen ist gern auf Reisen.
Die Arbeit als Hippie-Händlerin ist hart. Im Sommer kommt sie kaum zur Ruhe, ist immer auf den Märkten unterwegs oder beliefert kleine Boutiquen in den Touristenörtchen. Sie kann sich dadurch jedoch inzwischen ganz gut selbst finanzieren und auch noch ein bisschen was für die Rente zurück legen.

Ihr Sprung von Neuhausen nach Ibiza hat sich gelohnt. Dieses Jahr kam sogar Besuch von der internationalen Tourismus Messe in Berlin an ihren Stand. Sie wurde gefilmt und interviewt und hat einen Preis für ihre Arbeit im Tourismus und als Modedesignerin bekommen. Der hat jetzt einen Ehrenplatz an ihrem Stand, direkt neben ihrem Maskottchen und treuesten Mitarbeiter Santi – ein großer Plüschteddybär.

Und manchmal kommt sie sogar selbst dazu, das zu genießen, weshalb andere Leute Urlaub auf Ibiza machen. Dann legt sie sich an den Strand, geht Schnorcheln oder Kajak fahren – fernab der Touristenhochburgen.

 Kinderkleid

 Link zur Website von meiner Tante Elisabeth: LOLI POP IBIZA Fashion

Link zu meinen Fotos vom Hippie-Markt Las Dalias auf Ibiza

 

 

 

 

 

 

 

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